Wähler*innen mit Migrationshintergrund als wahlentscheidender Faktor

Titelbild Publikation Wählerinnen mit Migrationshintergrund

Menschen mit Migrationshintergrund können die Wahl entscheiden.

Erstmalig liegen nun fundierte Schätzungen dazu vor.


Etwa 7,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund dürfen bei der Bundestagswahl wählen – das sind 12,2 % aller Wahlberechtigten. In welchen Wahlkreisen haben Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund auch das Potential die Bundestagswahl zu entscheiden? Erstmalig liegen nun mit der Studie von Citizens For Europe fundierte Schätzungen dazu vor.

Die geringe Repräsentation im Bundestag ist sowohl Ausdruck der mangelhaften Nachwuchsförderung in den Parteien als auch der fehlenden Priorisierung der Themen der Einwanderungsgesellschaft”, sagt Daniel Gyamerah, Bereichsleitung “Vielfalt entscheidet”, Citizens For Europe.

Schlaglichter der Studie:

  • Aktuelles Machtpotential: In 167 von 299 Wahlkreisen (56 Prozent) könnten Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund mit ihrer Erststimme das Direktmandat für den Bundestag entscheiden. In diesen Wahlkreisen übersteigt die Anzahl der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund den Abstand an Stimmen zwischen der erst- und zweitplatzierten Direktkandidat*in der letzten Bundestagswahl.
  • Repräsentationsdefizit: Der Anteil der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund beträgt 12,2 Prozent und entspricht damit mindestens 74 Bundestagsmandaten. Zur Zeit haben aber nur 58 Bundestagsabgeordnete einen Migrationshintergrund.
  • Zukünftiger Repräsentationsanspruch: 24,2 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Daher beträgt die in Zukunft theoretisch erwartbare Anzahl an Bundestagsmandaten, die diese Gruppe repräsentieren sollte, mindestens 142 Mandate.
  • Wahlrecht für alle: Im Schnitt sind 6 von 10 Personen mit Migrationshintergrund nicht-wahlberechtigt, da das Wahlrecht auf Bundes- und Landesebene noch immer an die deutsche Staatsbürgerschaft gekoppelt ist. Dies betrifft in Städten bis zu einem Drittel der Bevölkerung.
  • Diversität gewinnt Wahlen: Für Parteien stellen Menschen mit Migrationshintergrund ein erhebliches elektorales Potential dar, wenn sie ihr personelles Angebot und ihre programmatische Ausrichtung für das diverser werdende Elektorat anpassen.

Auf Basis des Mikrozensus und Daten des Bundeswahlleiters haben Jun.-Prof. Arndt Leininger, PhD (Technische Universität Chemnitz), Julius Lagodny (Cornell University), Daniel Gyamerah und Deniz Yıldırım-Caliman (beide Citizens For Europe) mit Unterstützung von Correlaid e.V., erstmals die Anzahl der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund für alle 299 Bundestagswahlkreise geschätzt.

Download der Publikation

Unsere Partner von CorrelAid haben einen Blogpost verfasst, in dem sie die Ergebnisse des #tidytuesday-Wettbewerbs von CorrelAid vorstellen, bei dem es darum ging, verschiedene Möglichkeiten zu erforschen, um die potenzielle Wahlkraft von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland zu visualisieren. Sehen Sie sich ihre Datenvisualisierung an: https://correlaid.org/blog/potential-political-power/

Prof. Dr. Corinna Kröber, Juniorprofessur für Vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Greifswald, hat unsere Daten mit Befragungsdaten zur Bundestagswahl 2017 zusammengeführt, um zu analysieren wie sich die Größe der Gruppe von Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund auf deren Wahlverhalten auswirkt. Ihre Auswertungen hat sie in einem Artikel auf dem Blog Counting Counts veröffentlicht: https://countingcountsblog.wordpress.com/2021/09/23/becoming-what-you-see-how-the-voting-behavior-of-citizens-of-immigrant-origin-is-shaped-by-their-district/

Titelbild Publikation Menschen mit Migrationshintergrund als wahlentscheidender Faktor

Anteil Personen mit Migrationshintergrund

Prozentualer Anteil der Personen mit einem Migrationshintergrund gemessen an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik.

Anteil wahlberechtigter Personen mit Migrationshintergrund

Prozentualer Anteil der wahlberechtigten Personen mit einem Migrationshintergrund gemessen an der Gesamtzahl der wahlberechtigten Bevölkerung.

Machtpotenzial wahlberechtigter Personen mit Migrationshintergrund

Machtpotenzial beschreibt die Differenz zwischen der Anzahl der wahlberechtigten Personen mit einem Migrationshintergrund und der Differenz der absoluten Stimmenzahlen zwischen der erst- und zweitplatzierten Partei. Übersteigt die Gesamtzahl der wahlberechtigten Personen mit einem Migrationshintergrund die Differenz der Erststimmen zwischen den erst- und zweitplatzierten Parteien, so birgt diese Wählergruppe ein positives Machtpotenzial und kann somit einen erheblichen Einfluss über den Wahlausgang ausüben. Zweitplatzierte Parteien hätten somit die Möglichkeit, die Wahl für sich zu entscheiden. Betrachtet wurden die Stimmen der letzten Bundestagswahl 2017.

Anteil nicht-wahlberechtigter Personen mit Migrationshintergrund

Prozentualer Anteil der nicht-wahlberechtigten Personen mit einem Migrationshintergrund gemessen an der Gesamtzahl der Menschen mit einem Migrationshintergrund.